Meine Sicht der Dinge: Aspekte
01 Jul 2010

Der Autor

Wenn ich nicht gerade spiele verunstalte ich Medien. Kommt einem zu Gute bei eigenen Rollenspielen wie Malmsturm oder Projekten wie Ratten!, Savage Worlds Gentlemens Edition, Scion, Sundered Skies und ein paar anderen. An und für sich bin ich der Erzählonkel, daher auch die große liebe zu FATE. Manchmal muss es aber auch ein Burger statt Steak sein und so wird gern und oft auch Savage Worlds oder wenn es klasisch sein soll Pathfinder und Konsorten gespielt. Ich probier gern und oft Systeme aus aber die eigentliche Leidenschaft sind die Hintergrundwelten.

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FATE-Regelmechanik

Es gibt Tage da muss man für sich etwas runter schreiben. Ich möchte einmal meine Sicht der Dinge zu den Aspekten wie sie im FATE-Rollenspiel vorkommen aufschreiben.

Ab und an werde ich gefragt wo denn der Unterschied von Aspekten zu Talenten ist. Was ich mit Aspekten machen kann das ich nicht auch mit Talenten abbilden könnte.

Vielleicht einmal grundlegendes zu Fate vorweg:
bei Fate entfallen die klassischen Eigenschaften und werden ersetzt durch eine Kombination von Aspekte, sehr breit aufgestellten Fertigkeiten und feiner ausgearbeiteten Spezialisierungen, sogenannten Stunts.

Talente unterliegen je nach verwendetem Regelsystem ihrem Korsett. Aspekte auch allerdings ist dieses Korsett quasi unendlich in seiner Definition und bringt ähnlich wie Talente, Fertigkeiten, Edges, etc. seine Regel-mechanischen Vorteile.
Das soll in aller Kürze heißen das:
Ein Aspekt wird immer dann aktiv wenn er plausibel in die Szene ( egal von welche Seite und in welche Richtung dieser ausgelöst wird) passt . Dabei spielt er einen +2 Bonus auf das Würfelergebnisse aus. +2 ist in FATE schon ein nicht zu unterschätzender Vorteil.

Nun ein Talent ist „nur“ etwas das über das Können oder den Besitz (was man im Deutschen hübsch doppeldeutig als „Vermögen“ bezeichnen könnte) einer Figur aussagt, während ein Aspekt vor allem zur Persönlichkeit derselben gehört, somit also etwas über vergangene und zukünftige Entscheidungen und Erfahrungen aussagt, und nicht „nur“ aber auch über das Vorhandensein gewisser Güter oder Fertigkeiten.

Aspekte sagen auch etwas über die Rolle, die ein Charakter innerhalb einer/ seiner Geschichte voraussichtlich einnehmen wird – oft, indem sie etwas über seine bisherige Geschichte erzählen. Talente hingegen sagen etwas über besondere Mittel und Wege aus, mit denen ein Charakter innerhalb einer Geschichte bevorzugt aktiv werden kann – entweder, weil es dabei um ein ungewöhnliches Objekt oder um die außergewöhnliche Anwendung einer Fertigkeit oder handelt. Dieses Feld decken Aspekte auch ab allerdings erst dann wenn es wesentlicher Bestandteil des Charakters ist.
Ein Kämpfer kann so sein Kampftalent über Fertigkeiten abdecken. Wenn der Kampf oder die Fertigkeiten in irgendeiner Weise aber wesentliche Bestandteil sind sollten es Aspekte sein. Als Beispiel dient hier die Philosophie der Samurai. Bushido wäre also ein geeigneter Ansatz für einen Aspekt während Kampf mit zwei Schwertern (Wakizashi und Katana) eher eine Fertigkeit wäre.
Insofern entsprechen Talente eher den „Vorteilen“ anderer Systeme, wohingegen Aspekte als eine eigentümliche Synthese von „Vorteilen“ und „Nachteilen“ erscheinen, die deshalb mehr ist als die Summe ihrer Teile, weil sie etwas beschreibt, das weder allein dem Spieler, noch dem Spielleiter untersteht, sondern in die darüber liegende Ebene der gemeinsam erzeugten Geschichte gehört, in der das entscheidende Kriterium die Qualität eben dieser Geschichte ist – wobei alle Teilnehmer gemeinsam darüber urteilen müssen, worin für sie jeweils die Qualität der Geschichte liegen soll.

Aspekte können also ALLES sein. Vom geflügelten Wort, zum Gemütszustand über ein Zitat hin zu einem Gegenstand oder einer Person. Selbst ein Landstrich oder eine Sorte Wein. Was auch immer. Worum es geht ist einfach. Es geht bei Aspekten um den tiefen inneren Kern eines Charakters. Das Prägende ich, jenes das den Charakter Dinge auf seine Art und weiße erledigen lässt respektive zum handeln bringt.Generell lassen sich Comic und Roman Figuren sehr gut als Beispiel anführen. Denn diese Charaktere haben plastische Charakterzüge die man unglaublich gut mit den FATE-Regeln abbilden kann ohne lang im Regelwerk nach Möglichkeiten suchen zu müssen. Als Beispiel möchte ich Lucky Luke anführen. Seine Aspekte könnte sein:
Lonesome Cowboy
Schneller als sein eigener Schatten
Jolly Jumper
Die Daltons
Rantanplan

Zu jedem dieser Aspekte hat er eine besondere Beziehung. Richtig gute Aspekte sind dabei immer medaillienartig sprich sie haben eine für den Charakter gute als auch negative Seite. Denn Aspekte können nicht nur von einem Charakter Aktiviert werden ( z.B. Schneller als sein Schatten um die Revolver-Trommel in atemberaubender Geschwindigkeit in die Luft geworfene Karte zu entleeren) sondern auch um den Charakter zum handeln zu zwingen ( Luke die Daltons sind in der Stadt).

Allein diese Mechanik lässt auf Erzählerische Art und weise jedes Talent im Regen stehen. Es ist mit der Aspekt Mechanik um so vieles Leichter seinen Wunsch Charakter zu formen und dabei die Dinge zu tun die man möchte und gleichsam wird man in Situationen gebracht die zum Charakter passen, ihn zum handeln bringen. Einfach weil die Dinge auf der Hand liegen. Eine Ansammlung von Fertigkeiten deckt mit Sicherheit auch die Möglichkeiten des Meisterschützen Lucky Luke ab. Aber ist es auch offensichtlich das dieser beim Betreten der Stadt auch zum Duell gefordert wird weil eben sein Ruf ihm vorauseilt? In meiner bisherigen Rollenspielaufbahn war es nie so leicht solche Situationen gewollt/ und ungewollt heraufzubeschwören wie mit FATE.

Fate ist für mich die Offenbarung. Einer meiner Lieblingscharaktere, Rim ein magiebegabter Halblingsdieb entspringt den D&D 3.5 Regeln und ist in Fearun angesiedelt.
Meine Güte was war das für ein Regelgeschwurbel diesen Charakter so abzubilden das sein Charakterbogen zu meiner Vorstellung passt.
Mein Konzept war ein Halblingsdieb der Illusionen erschaffen kann und als Geschichtenerzähler sein Tagesgeschäft erledigt. An seiner Seite Wolfshündin Grell welche ihm auch als Reittier dient und ein treuer Zuhörer ist. Rim sollte als Dieb und Illusionist nach und nach den Nervenkitzel erfahren bei Magiern einzusteigen um sie ihrer Artefakte zu entledigen. Das ist nicht nur Spannend sondern schafft auch schöne Konflikte.
Dieb ist ja kein Ding, mit der Magie wird es dann etwas schwierigen vor allem wenn man die Prestigeklassen die das so herumzufliegen nicht 100% mag ( 1. Problem nimm was da ist oder du hast Arbeit am Arsch). Schwierig wird esauch wenn das Powerniveau deinem Charakter davon läuft solltest du dich entscheiden eine narrativ richtige aaber Regel-mechanische Entscheidung zu treffen ( 2. Problem ist auch doof wenn man ständig das Nachsehen hat). Was tun also? Also doch eine Prestigeklasse genommen die Halbwegs passt. Shadehunter ja gut das könnte ja irgendwie passen. Und nun geht der Regelzirkus los. Weil der Feat „Fiend“ Zugangsvorrausetzung ist wäre es narrativ nicht recht aber billig zwei Stufen abzukürzen und noch eine Stufe Waldläufer einzuschieben die diesen Feat mit sich bringt. Na gut nun halb ich also nen Halbling der Dieb ist und Waldläufer ( das sich nicht wirklich begründen lässt, worauf ich auch keine Lust habe denn er ist kein Waldläufer und illusionsmagie kann er auch noch nicht). Ein zwei Stufen später bin ich dann Shadehunter und kann auch ein paar Zauber aber am Ziel bin ich nicht angekommen denn der Charakter ist ein andere als eigentlich geplant.

Mit FATE sieht die Kiste ganz anders aus. Von Anfang an habe ich das was den Charakter ausmacht , das was wirklich wichtig ist mit Aspekten abgedeckt ( und sogar noch ein zwei Umdrehungen mehr) und den Rest mit Fertigkeiten und Stunts ausgebaut. Ich hab das mal vergleichsweise gemacht. Was soll ich sagen der Fate Rim macht genau das was ich wollte während der Stufe 8 D&D Rim irgendwas anderes macht. Bei Gurps geht es mir ähnlich auch wenn einen die Möglichkeiten schiwer erschlagen. Gurps spiele ich ganz gern aber leiten möchte ich diesen Moloch wirklich nicht. Earthdawn will so individuelle Charaktere aufgrund der festgelegten Disziplinen ja gar nicht und Savage Worlds ist mir zwar ein liebgewonnenes System kann aber meine Wünsche so auch nicht deckeln. Für interessierte PDQ haut in die selbe Kerbe wie FATE, Risus erst recht wobei mir letzteres wirklich zu wenig Fleisch auf den Rippen hat und PDQ ein echtes Leichtgewicht ist.

Wie entstehen nun eigentlich so Aspekte?
Das ist auch so ein Punkt. In meiner Vergangenheit habe ich oft die Geheimnistuerei diverser Speilleiter erlebt. Dieses hämische wissende Grinsen ist schon fast Archetypisch. Jetzt ist es zu einem Großen Teil so das der SL der Geheimnisträger ist, der der weiß wo es lang geht, der der entscheidet was passiert. Jener der die Welt und seine Geheimnisse kennt. Der welcher Entscheidet was du als Spieler weißt und was nicht.

Wenn ich als Spieler die wirklich interessanten Orte nicht kenne kann ich auch nicht sagen was mir gefällt. Vielleicht mag mir die Ortschbeschreibung einer Stadt gefallen, vielleicht finde ich aber die Detailbeschreibung einer Höhle in der vor Jahrhunderten ein Ereignis stattfand viel interessanter um daraus mein Charakterkonzept zu entwickeln. Wenn ich davon nichts weiß wird Inspiration für einen potentiell interessanten Charakter vergeudet. Was ich sagen möchte ist gewähre deinem Spieler Zugang zu allen Geheimnissen und er wird dich belohnen. Was hast du als SL von deinem geheimen Wissen wenn du es A nicht auf den Tisch bringst und B sich keiner drumm kümmert da es nicht das gehoffte interesse weckt obwohl es echtes Dynamit ist. Der einzige der sich im Spielgefühl der Welt wirklich suhlt ist der SL. Ich kenne beide Seiten und wie oft hab ich mir beim lesen eines Regelwerkes gesagt das will ich spielen, so einen Charakter will ich bauen das will ich erleben. Doof nur das ich die gelesenen Regelwerke oder Quellenbände meist nicht als Spieler erlebte sondern als SL und dann irgendwie auch meinen Wünschen Rechnung tragen wollte. Das ist aber verkehrt.

Wie geil ist es bitte wenn alle am Tisch die Welt kennen, alle das Spielgefühl teilen und sich das raus picken was ihnen Spaß macht um dann eine auf die Gruppe, auf den einzelnen maßgeschneiderte Kampagne zu spielen. Fakt ist in Fate hat der Spieler die Macht zu entscheiden wo es lang geht. Fakt ist mit den Aspekten zeigt der einzelne was er vom Spiel erwartet. Jeder bekommt was er möchte und der Spielleiter wird mit kreativen Spielern belohnt die ihn zu einem gewissen Teil zum Zuschauer machen und so manches mal Stöcke zwischen die Beine schmeißen. Ja das ist erstmals Gewöhnungsbedürftig aber es ist auch der Weg wie ich spielen möchte.

Jetzt hab ich viel Geschrieben und bin irgendwo herausgekommen. Vielleicht kannst du das ja verwerten. Aber bitte stell dir selbst die Frage:
Wie verändert sich ein Charakter der auf seinem Charakterbogen Ehrenvoll stehen hat und einer der als Aspekte die Zeilen „ Es gibt keinen Fleck auf dem Schild der Ehre der sich nicht abwaschen lässt – durch Blut“?

P.S. Bleibt mir jetzt bloß weg mit einem Guide für d20 wie man den Charakter bauen könnte. Ich bin überzeugt davon das es A ultra aufwändig ist und B trotzdem wieder was anderes dabei raus kommt. Genau auf so etwas hab ich gar keinen Bock. Wenn ich schrauben will kauf ich mir ein altes Motorrad und lerne schweißen um mir draus ein Auto zubauen das ich eigentlich nicht haben wollte.

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