Rezension: Baphomets Sohn
23 Sep. 2022

Der Autor

Wenn ich nicht gerade spiele verunstalte ich Medien. Kommt einem zu Gute bei eigenen Rollenspielen wie Malmsturm oder Projekten wie Ratten!, Savage Worlds Gentlemens Edition, Scion, Sundered Skies und ein paar anderen. An und für sich bin ich der Erzählonkel, daher auch die große liebe zu FATE. Manchmal muss es aber auch ein Burger statt Steak sein und so wird gern und oft auch Savage Worlds oder wenn es klasisch sein soll Pathfinder und Konsorten gespielt. Ich probier gern und oft Systeme aus aber die eigentliche Leidenschaft sind die Hintergrundwelten.

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Titel: Baphomets Sohn
Art: Abenteuer
System: OSR
Sprache: Deutsch
Verlag: Gazer Press
Publikationsjahr: 2022
Autor:Markus Schauta
Korrektorat: Daniela Ristl
Illustration: Marianne Musek
Bindung: A5-Hardcover mit Leseband
Umfang: 103 Seiten, farbig
Preis: 25€
Rezensent: Matthias Brandt

Im Auftrag einer Geheimgesellschaft suchen die Spieler nach einer uralten Reliquie, die unter einem verfallenen Templerhof in Nordhausen verborgen sein soll. In den modrigen Tunneln stoßen sie auf die Überreste des Baphomet-Kultes, der vor Jahrhunderten aus dem Heiligen Land eingeschleppt wurde. Doch der von den Templern einst verehrte Dämon ist nicht, was er zu sein scheint. Hinter dem Götzen verbergen sich außerweltliche Gefahren und was einst den Flammen der Inquisition entging, harrt tief unter der Erde auf die Rückkehr seines Erlösers.

Das Abenteuer verwickelt 2-4 Charaktere der Stufen 3-4 in eine infektiöse Schatzjagd zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges. Kompatibel mit Swords & Wizardry und anderen OSR-Regelwerken.

Über „Baphomets Sohn“ einen Bericht zu schreiben, ohne die große Überraschung zu spoilern, ist quasi ein Ding der Unmöglichkeit, wir werden es nichtsdestotrotz versuchen.
Gleich zu Beginn möchte ich das überaus ansprechende Design loben (krasses Pink auf Schwarz ist schon ziemlich cool, ebenso das pinke Lesebändchen verstärkt diesen Eindruck von „klein, aber edel“).
Ebenfalls positiv empfinde ich, dass die Innenseite des Einbands für wichtige Informationen (Dramatis Personae vorne, Mietlinge hinten) genutzt werden und man entsprechend schnell Zugriff darauf hat.
Und nochmal positiv: der Aufbau des Buches ist absolut löblich: Worum gehts?, Der Kult, Baphomets Sohn, Die Mission, Die Stadt Nordhausen, der Dungeon (zunächst eine Anleitung, dann die einzelnen Ebenen, Anhang). Als Spielleitung kann ich mich hier erst einmal mit dem grundsätzlichen Inhalt des Abenteuers befassen, danach betrachte ich den Hauptschauplatz der Geschichte, und der Dungeon an sich, der einen Hauptteil des Abenteuers ausmacht, den brauche ich gar nicht sonderlich groß vorbereiten, sondern kann mir schnell auf der Map einen Überblick verschaffen und dann den Spielern die wichtigen Dinge der einzelnen Räume „on demand“ mitteilen.
Eine Besonderheit von „Baphomets Sohn“ ist, dass es insgesamt fünf Gruppierungen gibt, die an der Suche nach der Reliquie partizipieren, und alle können potentiell die Auftraggeber der Spielercharaktere sein. Dadurch ergeben sich auch (marginal voneinander abweichende) unterschiedliche Varianten, wie das Abenteuer abläuft und wer sich gegebenenfalls gegen die Helden stellen könnte und wer sie unterstützt bei ihrem Vorhaben. Für die Heldengruppe ist der Anreiz letztendlich das Abenteuer an sich und eine saftige Belohnung, die ihnen durch ihren Auftraggeber winkt.
Bei der Beschreibung von Nordhausen beschränkt man sich auf ein paar wichtige Gebäude, die ggf. für die Geschichte wichtig sein könnten, eine Stadtkarte lässt hier noch genug Platz, um eigene Geschäfte und Örtlichkeiten mit einzubauen, wenn man „Baphomets Sohn“ eventuell in einem größeren Zusammenhang verbauen will. Ebenfalls gibt es eine Zufallstabelle für Klatsch und Tratsch in Nordhausen, damit die Spieler auch auf unwichtige Dinge anspringen, auf falsche Fährten gelockt werden und interessante Nebenaspekte des Abenteuers vielleicht verstehen, wenn sie darauf stoßen. Früher oder später wird es die Heldengruppe in die alten Templer-Anlagen verschlagen, wo ihnen Baphomets Sohn, die alte Reliquie und manch andere Herausforderung schon auflauern. Insgesamt ist dieser Dungeon aber vielmehr eine Herausforderung im Sinne von „Indiana Jones“, auch wenn es die eine oder andere Kampfbegegnung geben kann.
Viel entscheidender sind aber marode Bauten, vorsätzlich platzierte Fallen und ähnliches, die es den Abenteurern das Leben schwer machen werden. Insbesondere diese eine Sache, über die wir nicht schreiben wollen, lauert überall, und lediglich Rettungswürfe können hier so richtig helfen. Wenn man die aber versemmelt, wird das Abenteuer erst richtig spannend und interessant.
Rätsel? Streng genommen gibt es schon ein oder zwei, die sind aber entweder sehr subtil und klar verständlich, oder aber so weit hergeholt, dass man nicht einmal versteht, wie die Helden darauf kommen sollten, wenn man das Abenteuer selbst gelesen hat. Ich persönlich bin kein Fan davon, den Spielercharakteren Dinge vor die Füße zu werfen, die dann bei Nutzung unter Umständen tödliche Wirkung auf sie haben, ohne dass es vorab eine Warnung gab, aber so ist das Leben: nicht jede tödliche Gefahr hat ein Warnschild um den Hals hängen oder ähnliches. In „Baphomets Sohn“ wird es aber ein wenig übertrieben, was die tödlichen Effekte für die Spielercharaktere betrifft, sodass man hier schnell, ohne es zu beabsichtigen, auf einen total party kill zusteuert, dem sich die Truppe nicht einmal richtig zur Wehr setzen kann. Natürlich steht es jedem Spielleiter frei, diese tödlichen Konsequenzen abzumildern … hätte man aber auch von vornherein so machen können, mit der Option „wer es lethaler mag, der sollte folgendermaßen …“.

Das Abenteuer, der Ablauf, der Aufbau, die handelnden NSCs, die Überraschung, all das hat mich beim Lesen überzeugt und begeistert. Einzig der Dungeon erscheint mir insgesamt etwas too much. Es fühlt sich fast ein wenig wie in Diablo an, wo man immer noch eine und noch eine Treppe findet, die tiefer nach unten führt, bis man endlich dort ankommt, wo man hinwollte. Eine Ebene weniger hätte es hier meines Erachtens auch getan, oder die gesamte Anlage noch breiter anlegen, anstatt immer tiefer zu gehen. Das hätte dann auch die Wahrscheinlichkeit senken können, dass eine Abenteuergruppe wirklich jeder tödlichen Gefahr auch tatsächlich begegnen muss …
Alles in allem aber eine rundum gelungene Sache, die man sich mit ein paar einfachen Anpassungen individuell gestalten kann und seinem eigenen Spielleitungsstil entsprechend umbaut.
Übrigens, als lustige abschließende Feststellung: Baphomets Sohn, die titelgebende Figur, ist in dieser Geschichte absolut verzichtbar, und das alles funktioniert auch genauso gut, ohne dass die Helden ihn jemals zu Gesicht bekommen. Schon irgendwie ulkig!

Fazit:
„Baphomets Sohn“ ist in erster Linie ein Dungeon Crawler – Abenteuer für Swords & Wizardry, das allerdings auch mit jedem anderen handelsüblichen OSR-Regelwerk gespielt werden kann. Wirklich tief in die Regeln müsst ihr hier eh nicht gehen, da ein Großteil des Abenteuers investigativ abläuft und dann euer Erkundungstrieb gefragt ist. Moment, OSR? Swords & Wizardry? Muss ich jetzt gut Englisch können, um das spielen zu können? Ich kann euch beruhigen, denn Swords & Wizardry erscheint demnächst in der deutschen Übersetzung bei System Matters, und auch das Regelwerk zu Old School Essentials wird unter Umständen noch dieses Jahr über Obscurati Publishing in deutscher Sprache erscheinen.

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