Urban-Fantasy
Ok das mit dem automatisierten einstellen scheint in meinem Blog nicht ganz so zu klappen. Deshalb die Rezension die eigentlich gestern veröffentlicht werden sollte heute:
Ja, was kommt mir denn da ins Haus? Ein Erstlingswerk, ein Fantasy-Roman, „Urban-Fantasy“ um genauer zu sein. Da bin ich ja mal gespannt. Paket ausgepackt, Buch entnommen und sofort erstaunt. Das sieht mächtig schick aus. Der Schutzumschlag ist aufwendig gestaltet, ein atmosphärisches Titelbild, umgeben von Glanzdruck und -prägung liegt auf meinem Küchentisch. Versehen ist das Hardcover aus festem Karton mit einem hübschen Lesebändchen und unter dem Umschlag prangt das Logo nochmal in großen Lettern auf dem Karton.
Der Kölner Lyx Verlag weiß also ein Buch ansprechend zu verpacken. Das Betrachten macht Lust auf den Inhalt. Zumindest ich wollte umgehend rein in die 676 Seiten. Ein Problem beim Verfassen von Rezensionen über Erstveröffentlichungen neuer Autoren ist, dass man nie weiß was man zu erwarten hat; die Spannung ist also hoch. Ich möchte das alte Sprichwort über Bücher, deren Beurteilungen und Einbände hier nicht bemühen und mich stattdessen dem Inhalt widmen.
Auf einen Punkt gebracht geht es in“ Grim“ um die Abenteuer des gleichnamigen Gargoyle in den Metropolen des heutigen Europa. Dabei ist er natürlich nicht gänzlich allein, ihm steht im Verlauf der Handlung mit Mia, der 17jährigen Seherin aus Paris` Schwarzer Szene, eine weibliche Figur tatkräftig zur Seite. Gemeinsam versuchen die beiden Protagonisten, die im Verlauf noch weitere, teils sehr skurrile, Nebencharaktere treffen, eine schicksalsbedrohende Verschwörung aufzuklären. Auf die einzelnen Details und Wendungen der Handlung werde ich hier nicht eingehen um die Spannung zu erhalten.
Im Hinblick auf die handwerklichen Aspekte des Buches möchte ich meine Kritik bei den Charakteren beginnen. Leider wirkt der Hauptcharakter Grim zu Beginn des Buches zu flach und glatt, im Gegensatz zu seinem weiblichen Pendant Mia. Bei Grim sucht man vergebens eine schlüssige innere Antriebsfeder, bzw. einen Konflikt mit der Außenwelt an dem der Held wirklich Beschäftigung findet. In seiner Gesamtheit erscheint Grim zu kühl und distanziert. Er ist der archetypische dunkle Held, den ein solcher Roman zweifelsohne braucht um zu funktionieren, aber er ist zu unnahbar, zu unantastbar und zu emotionslos erzählt. Seine Probleme und kleineren Konflikte, die ja durchaus vorhanden sind, werden im Erzählduktus zu sehr marginalisiert, als dass sich der Leser damit identifizieren könnte. Man wartet zu lange auf die Person hinter der Maske des dunkeln Engels. Das mag man damit verteidigen, dass der Charakter mysteriös, mythisch, undurchschaubar und damit in sich selbst spannend, sein soll, aber er wirkt letztlich doch ein wenig von seiner Schöpferin verlassen, fast schon interessenlos.
Die weibliche Figur, Mia hingegen entwickelt sich mit Beginn ihres Auftretens schneller und zügiger in eine nachvollziehbare Richtung für den Leser. Schon nach wenigen Kapiteln hat man es mit einem runden Charakter zu tun. Mia wirkte als Figur über die ganze Länge der Geschichte besser verankert und zielgerichteter. Eine leichte Schwäche, die sich dann aber doch auftut ist die Leichtigkeit mit der das Mädchen all die übernatürlichen Dinge um sie herum annimmt. Zu kurz keimt in der Figur etwaiger Zweifel oder Furcht auf. Man mag dies in Kauf nehmen, handelt es sich doch um einen Fantasy-Roman, sollte jedoch hierbei beachten, dass Mia aus einem verschrobenen aber von ihr nicht bewusst als übernatürlich erlebten Hintergrund stammt. Sie entstammt eigentlich einer normalen Welt und wird doch relativ unvermittelt mit dem Paranormalen konfrontiert.
Auch die anderen Charaktere (Nebencharakter und Antagonisten) der Geschichte leiden stellenweise unter mangelnder Kohärenz. Dies wird vor Allem in den Dialogen deutlich. Zu oft sprechen die Figuren in einer Sprache die von der Autorin gewählt wurde um die Atmosphäre möglichst stark zu verdichten. In einigen Passagen hört sich das Gesprochene dann unnötig schwülstig an.
Anstelle einer personenspezifischen Ausdrucksweise findet sich eine mehr oder minder ähnliche Auswahl an Vokabeln und Redewendungen, auch bei unterschiedlichsten Charakteren. Das wirkt dann zu offensichtlich und nimmt den Figuren einiges an Flair. Die Möglichkeit einer bestimmten Persönlichkeit über typische sprachliche Eigenarten mehr Profil zu geben wird hier leider vertan. Ich hätte mir mehr klare Unterschiede in der Sprache des Erzählers und jener der Figuren gewünscht.
Dass Gesa Schwartz Gargoyles als Hauptcharaktere aufgreift, ist in der modernen deutschen Fantasy-Literatur etwas Neues (zumindest ist mir kein vergleichbares Format bekannt). Für mich ist es seit längerer Zeit eine Wiederbetrachtung dieser mythischen Wesen, die nicht tricktechnisch im TV erstrahlt und daher finde ich es persönlich interessant.
Allerdings bietet der Plot im Kern wesentlich weniger Neuerungen. Wenn es auch zu Beginn nicht klar erkennbar ist, wird hier einem „Schema F“ für „Fantasy-Romane mit Verschwörungsgeschichte“ gefolgt. Das ist soweit nichts schlechtes, denn es gilt ja bekanntlich: lieber gut kopiert, als schlecht erfunden. Außerdem ist die Verschwörungsgeschichte ein erprobtes Prinzip und wird ja auch von namhaften Autoren regelmäßig aufs Neue bemüht und häufig Nervenkitzel garantiert.
Jedoch erreicht „Grim“ die mögliche Spannung und Atmosphäre nur selten, obwohl die Grundanlage der Charaktere und der Handlung stimmt. Dies kann man auf die Art und Weise zurückführen in der die Geschichte erzählt wird und hier vor Allem auf die Erzählsprache. Wie schon bei den handlungstragenden Figuren und den Dialogen kommt das sprachliche Gerüst oft übertrieben daher. Nicht selten wirken die gewählten Beschreibungen zu überladen, absichtlich aufgebauscht oder aufdringlich. Die Spannung erscheint so mehr erzwungen als wirklich entstanden. Sobald das auffällt verliert die Geschichte etwas vom Glanz der sie immer wieder für ein paar Seiten begleitet hat. Weniger wäre manchmal mehr gewesen.
Etwas enttäuscht bin ich auch was die Gestaltung der Hintergrundwelt in „Grim“ angeht. Sicherlich, die Geschichte richtet sich an ein bestimmtes Publikum und dieses weiß was es zu erwarten hat. Genau in dieser Annahme könnte aber auch eine Schwäche liegen. Zu vieles kommt dem Leser aus Comics, Filmen und Rollenspielen mit vergleichbarem Setting bekannt vor. Einzig die Gargoyles und ihr spezifischer Hintergrund wirken frisch und neu, lassen sich jedoch zu schnell erklären und in ein Klischee einpassen.
„Grim“ ist kein durch und durch schlechtes Buch. Mag meine Kritik hier und da harsch sein, muss dennoch gesagt werden, dass Gesa Schwartz durchaus schreiben und anschaulich erzählen kann. Allerdings gelingt ihr das nicht auf ganzer Linie konsequent und es scheint als wäre es ihr mit ihrem Debüt nicht gelungen alle Chancen zu nutzen die sich geboten hätten.
Einige Stärken des Romans liegen in der Geschichte und ihren Wendungen selbst. Über deren genauere Zusammenhänge möchte ich an dieser Stelle, wie eingangs schon erwähnt, aber nichts verraten. Zukünftigen Lesern soll die Spannung erhalten bleiben.
Einen Blick ist das Buch für Fans des Genres in jedem Fall wert und Gesa Schwartz sollte man im Auge behalten. Wenn es ihr gelingt die skizzierten Schwächen bei einer etwaigen Fortsetzung zu verbessern könnte ihr ein großer Erfolg möglich sein.
Rezension – Grim – Siegel des Feuers
Titel: Grim – Siegel des Feuers
Art: Fantasy-Roman
Regeln: Nicht vorhanden
Sprache: Deutsch
Verlag: Lyx
Publikationsjahr: 2010
Autor: Gesa Schwartz
Übersetzer: Nicht vorhanden
Illustrationen:
Umfang: 676
Bindung: Hardcover mit Schutzumschlag
Preis: 19,95 €
Rezensent: Bastian Olpp
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